Ein gegliedertes Schulsystem wie das unsere ist in Europa eine Seltenheit. Am Ende der Grundschulzeit stellen wir Eltern und ihre Kinder vor die Wahl: Hauptschule, Realschule oder Gymnasium? Obwohl Viertklässler in ihrer Entwicklung kaum vergleichbar sind, wird in Deutschland bereits nach der Grundschule “sortiert”. Ist es nicht ungerecht, 10-jährige Kinder nach ihren Leistungen einzuteilen, als wolle man die Spreu vom Weizen trennen? Einmal auf Haupt- oder Realschule gestartet, kann ein späterer Wechsel auf das Gymnasium sich als schwierig erweisen. So werden manche Schüler schon früh benachteiligt, andere bevorzugt. Chancengleichheit sieht anders aus.
Auch Armut ist in diesem Zusammenhang ein entscheidender Faktor: Arme Kinder tun sich in der Regel schwerer in Schule und Berufsausbildung. Oft geht das geringe Einkommen von Eltern einher mit einem niedrigen Bildungsniveau, was wiederum die Sozialisierung ihrer Kinder beeinflusst. Und wer hilft den Kleinen bei den Hausaufgaben, wenn die Eltern täglich stundenlang schuften, um die Familie zu ernähren? Überall auf der Welt ist das Phänomen solcher Armut mehr oder weniger sichtbar – in Deutschland wie in Kenia. Obwohl die Streitpunkte sich unterscheiden. Während sich soziale Ungleichheiten bei uns eher auf dem Zeugnis widerspiegeln, geht es in Kenia einfach darum, wer lesen kann und wer nicht.
Im Jahr 2013 hat sich die Non-Profit-Organization Uwezo mit den Bildungsaussichten von Kindern aus finanziell schwachen Haushalten in Ostafrika beschäftigt. Während sich Kenia im allgemeinen Vergleich mit seinen Nachbarländern Tansania und Uganda gut schlägt, wird deutlich, dass der „Rückstand“ besonders armer Kinder auch hier nicht kleiner ist. Uwezo schreibt hierzu: „[Grafik 5] zeigt, dass der prozentuale Anzahl der Kinder, die sowohl den Lesetest als auch den Rechetest bestehen, länderübergreifend in nicht armen Haushalten ungefähr doppelt so hoch ist wie in sehr armen Haushalten.“
Verständlicherweise konnten in dieser Studie nur Schüler getestet werden. Aber was ist mit denjenigen, die es gar nicht erst in die Schule schaffen?
Schätzungen von UNICEF zufolge zählt Kenia rund 1 Million AIDS-Waisen (Stand 2012). AIDS ist damit Ursache Nummer eins für das Verwaisen kenianischer Kinder. 38% aller Waisenkinder in Kenia haben ihre Eltern durch AIDS verloren. Mindestens 100.000 von ihnen leben auf der Straße. Sie werden vernachlässigt, denn das kenianische Sozialsystem sieht für sie keine spezielle Förderung vor. Ohne Unterstützung von außen würden sie vermutlich nie (wieder) eine Schule von innen sehen.
Manche Kinder haben keine Chance. Aber diese Kinder haben nicht einmal die Aussicht auf eine Chance! Verloren und vergessen fehlt es ihnen an Möglichkeiten, sich zu beweisen. Viele von ihnen landen auf der Straße, trinken Alkohol, werden abhängig von Klebstoff oder der weit verbreiteten pflanzlichen Droge Miraa.
So fallen unzählige Talente durch das Raster, weil der Staat sie vergisst. Nicht mit uns! Warum wir uns gezielt für Waisenkinder und sozial Benachteiligte einsetzen? Weil sie dieselben Möglichkeiten verdienen wie alle anderen! Es geht uns nicht darum, dass jeder die Chance bekommt, zum Milionär aufzusteigen. Es geht uns um ein bisschen mehr Fairness.
2007 wurde im Auftrag der Poor Handmaids of Jesus Christ in Mitunguu ein Haus errichtet: In diesem Heim werden Jungen aus den ärmlichsten Verhältnissen aufgenommen. Sie lebten vorher in Slums, auf der Straße, am Marktplatz, im Wald. Langsam werden sie von den Schwestern wieder an die Schule herangeführt. In der Saint Francis of Assisi Grund- und Realschule können sie einen Neuanfang wagen, ohne Angst zu haben. Es ist ein kleiner Beitrag, den wir gern vergrößern möchten: Wir vermitteln Patenschaften, um die Ausbildung der Kinder langfristig zu garantieren. Und sammeln Geld, um die Schule auszubauen und zu renovieren. Damit wenigstens in Mitunguu alle dieselben Chancen haben!